Das Kriegstagebuch des Alfred H. Fried

Bern, 22. Juli.

Der Fehler von Trient beginnt bereits, Früchte zu tragen. Eine Depesche in den gestrigen Zeitungen besagt folgendes:

«Mailand, 21. Juli. S. In Rom hat gestern eine grosse Volksdemonstration für den hingerichteten Cesare Battisti stattgefunden. Ein langer Zug von etwa 30.000 Demonstranten bewegte sich durch die Strassen nach dem Kapitol, wo Bürgermeister Colonna die Gedächtnisrede hielt. Die Versammlung schloss mit der Vorlesung einer heftigen gegen Österreich gerichteten Proklamation. Vor dem Gebäude der Zeitung ,Concordia’ und vor der österreichischen Botschaft wurde gepfiffen und gelärmt. Im Mailänder Gemeinderat fand ebenfalls eine offizielle Ehrung für Battisti statt».

Eine weitere Depesche meldet, dass der Gemeinderat von Rom beschlossen hat, eine der grössten Strassen der Hauptstadt nach Battisti zu nennen.

Von österreichischer Seite wird betont, dass Battisti einer der Haupthetzer zum Krieg Italiens gegen Österreich gewesen sei. So ist der Militarismus. Die Kriegshetzer der andern Länder überliefert er dem Galgen, die eigenen überschüttet er mit Ehren und Würden. So hier, so dort. — Und die Kriegsgegner? Verfährt er mit ihnen nicht ebenso oder ähnlich, jedoch mit umgekehrter Tendenz? Die Namen Jaurès und Liebknecht, Giolitti und Russel illustrieren das System.