Das Kriegstagebuch des Alfred H. Fried

Spiez, 16. Juli.

«Lachen auf allen Seiten.» So fügt es das Wolfftelegramm, das über die kurzen Beratungen zum neuen 15-Milliardenkredit im Reichstag in die Welt geschickt wurde, dem einen Sah hinzu, den es aus der Rede des unabhängigen Sozialisten Beyer wiedergibt, und der da lautet «Wir wollen die Menschheit vor dem Untergang retten und stimmen daher gegen die Kredite.» Darauf also Lachen auf allen Seiten!

Man muss sich das merken. Ob es Tatsache ist, das ist fraglich. Aber Wolff stellt es der Welt als Tatsache hin. Der deutsche Reichstag lacht, weil jemand bei Bewilligung der 139. Kriegsmilliarde von der Rettung der Menschheit spricht. Der deutsche Reichstag lacht an der Schwelle des fünften Kriegsjahrs; man lacht auf allen Seiten des Hauses. Der deutsche Reichstag lacht, nachdem er eben viereinhalb Milliarden neuer Steuern bewilligt hat. Viereinhalb Milliarden neuer und dauernder Belastung des Volks, nachdem bereits 1917 solche neue und dauernde Steuern bewilligt wurden, die zusammen einen Jahreserlrag von zwei Milliarden bringen dürften, und nachdem der Reichsschatzsekretär in seiner Schlussbetrachtung hervorhob, dass die bis jetzt bewilligten Kriegssteuern (mit den eben angenommenen viereinhalb Milliarden) erst die Zurücklegung eines Teiles des noch zu wandelnden Steuerwegs bedeutet. Der letzte Friedensetat des Reichs betrug 1750 Millionen. Der Reichstag lacht.

Der Reichstag lacht, weil es angesichts dieser Erfordernisse einer wagt, vom Untergang der Menschheit zu sprechen, wo doch allen Eingeweihten und Einsichtigen der Abgrund, dem wir dank dem Irrsinn der Eroberungsideologen zusausen, klar vor Augen liegt.