Das Kriegstagebuch des Alfred H. Fried

Bern, 30. September.

Das Spiel von der pazifistischen Bereitschaft der Regierung wird furchtbar schlecht gespielt. Die Glaubwürdigkeit verliert durch die harmonische Übereinstimmung mit Bulgarien und der Türkei. Nach dem bulgarischen Friedensmanifest nun auch ein türkisches. Bulgarien und die Türkei, die beide noch kein einziges Haager Abkommen von 1907 ratifiziert haben, begeistern sich plötzlich für Schiedsgerichtsbarkeit und Abrüstung. Allerdings fügt Talaat Pascha in seiner Kundgebung vom 24. September hinzu, dass sich die Türkei einer Lösung der Rüstungsfrage nicht widerseben werde, soweit diese «mit unsern Lebensinteressen vereinbar» ist. Diese Begriffe wären ein, das echte Material weit überlreffender Ersatz des heute so fehlenden Kautschuks, aber für den Aufbau einer gesicherten Friedensordnung fehlt ihnen die Festigkeit.

Es fehlt so jeder Hintergrund für das pazifistische Bekenntnis in der Antwort auf die Papstnote, so jeder Beweis, dass man wirklich entschlossen ist, einer neuen Weltordnung sich anzupassen, dass man es zumindest als einen Regiefehler der deutschen Regierung bezeichnen muss, die da glaubt mit dem bloßen Bekenntnis wäre es getan.