Das Kriegstagebuch des Alfred H. Fried

Bern, 4. Januar.

Professor Zorn hat in «Tidens Tegn» neuerdings Professor Collin in Kristiania erwidert. Die Erwiderung ist auszugsweise in der «Kölnischen Zeitung» vom 27. Dezember wiedergegeben.

Darin verteidigt Zorn die Haltung Österreich-Ungarns gegen Serbien und bestreitet, dass durch die österreichisch-ungarische Forderung einer Teilnahme an der Rechtsprechung über den Fürstenmord in Sarajewo die Souveränität Serbiens in brutaler Weise geknechtet worden wäre.

Der grosse Völkerrechtsgelehrte und Mitarbeiter an den Haager Konferenzen schreibt wörtlich:

«Die geforderte Teilnahme bezog sich ... nicht auf die Urteilsfällung sondern nur auf die Führung der Untersuchung ... Die Forderung war mit nichten eine Knechtung der serbischen Souveränität, sondern nicht mehr als eine besondere Anwendung des Gedankens der zwischenstaatlichen Untersuchungskommissionen, wie sie die Haager Schiedsgerichtskonventionen im Titel III vorgesehen habe, und es wäre Russland ein leichtes gewesen, Serbien zur Annahme dieser Forderung zu veranlassen».

Das ist wahrhaftig ein starkes Stück. Ein starkes Stück von einem Kenner der Haager Abmachungen. In der Tat: Eine internationale Untersuchungskommission im Sinne der Haager Abmachungen wäre das geeignetste Mittel gewesen, den österreichisch-serbischen Konflikt ohne Blutvergiessen zu lösen. Wo hat aber die Regierung Österreich-Ungarns diese Lösung gewollt? — Zorn hat die Farbbücher schlecht studiert und die wichtigsten Punkte darin vergessen. Mit solchen Argumenten wird er feindlich gesinnte Ausländer nicht überzeugen.