Das Kriegstagebuch des Alfred H. Fried

Bern, 5. Oktober.

Die Rede, die Graf Czernin bei dem Weckerle-Diner in Budapest gehalten hat, beschäftigt die Geister. Völliges Bekenntnis zum Pazifismus. «Der Krieg als Mittel der Politik muss bekämpft werden.» «Internationale vollständige Weltabrüstung» wird gefordert. «Europa muss... auf eine neue internationale Rechtsbasis gestellt werden.»

Dieses Bekenntnis zu unseren Grundsätzen ist einer der größten moralischen Erfolge, die jemals in der Geschichte erzielt wurden. Eine solche Umkehr, wie wir sie jetzt erleben, ein derartiges bedingungsloses Verbeugen vor Ideen, die gestern noch als der höllischste Wahnwitz bezeichnet wurden, ist in so jähem Ruck noch niemals verzeichnet worden.

Natürlich wissen wir diesen Wandel gebührend einzuschätzen. Es ist die Not der Stunde, die ihn gebar. Nicht der heilige Glaube, die quellklare Erkenntnis, der unbeugsame Wille zum Recht. Es ist, wie ich in allen meinen Schriften immer rief, nicht die Logik der Menschen, die zu diesem Ausweg führte, sondern die Logik der Dinge, die die armen betörten Menschen dahin trieb.

Aber das gibt uns eine gewisse Garantie.