Das Kriegstagebuch des Alfred H. Fried

Lugano, 27. April.

Wir sind hier seit mehreren Tagen von jeglicher Post aus Deutschland und Österreich abgeschnitten. Nur die Zeitungen aus Deutschland kommen. Die österreichischen bleiben aus. Auch Telegramme fehlen. Seit Kriegsbeginn hat man einen solchen Stillstand des Verkehrs nicht mehr erlebt. Er wirkt wieder beängstigend. Unwillkürlich bringt man ihn in Zusammenhang mit der gespannten Lage in Italien. Dieses soll sich ja, nach sehr bestimmt auftretenden Meldungen, der Triple-Entente mit Haut und Haaren verschrieben haben. Von dem Fell des zu erlegenden Bären soll dem Königreich ein ganz beträchtliches Stück zugesprochen worden sein. So, volle Anerkennung der ethnischen und politischen Ansprüche Italiens an der Adria. Italien soll schon vorher ein Bündnis mit Rumänien abgeschlossen haben. Wenn dies alles wahr sein soll, dann nähert sich der Weltkrieg seiner Krisis. Der lebhafte Vorstoss Deutschlands in Flandern, der Wiederbeginn an den Dardanellen scheinen Vorzeichen dieser grossen Krisis zu sein.