Das Kriegstagebuch des Alfred H. Fried

Bern, 14. Januar.

Die Verhandlungen in Brest-Litowsk nehmen militärische Formen an. Die russische Delegation beharrt auf ein Referendum in den westlichen Provinzen. Darauf erwiderte ein General als Wortführer der Mittelmächte: «Ich muss zunächst gegen den Ton protestieren. Das sind natürlich unangenehme Töne für einen Sieger, der sich darauf beruft, dass «Sonderversammlungen», «Stadtverordnete», «Kaufmannskammern», und — «70 Rigaer Vereine» (auch der Briefmarkensammler?), die Bitte vorgebracht hatten, unter den Schutz des deutschen Reichs gestellt zu werden.

Das genügt nach Anschauungen der Militärs, das Selbstbestimmungsrecht der Völker als erfüllt anzusehen. Wer wird da noch künftig über napoleonische Plebiszite witzeln dürfen?

Der Herr General erklärte:

«Die deutsche Oberste Heeresleitung muss (deshalb) die Einmischung in die Regelung der Angelegenheiten der besetzten Gebiete ablehnen. Für uns haben die Völker der besetzten Gebiete ihren Wunsch der Lostrennung von Russland bereits klar und unzweideutig Ausdruck gegeben.»

Die Erklärungen vom 25. Dezember, jener nette demokratische Weihnachtsaufputz, sind ja bereits als ungültig erklärt. Glaubt man wirklich, auf diese Weise zum Frieden zu kommen, und glaubt man wirklich, dass die übrige Welt einen derartigen Zustand ertragen und dulden wird, wie er hier kurzsichtig und anachronistisch vorbereitet wird? Wann wird ein Retter kommen diesem Volk, der es von den Irren befreit?

Und Österreich? Macht es das alles mit?